Zum Inhalt springen

Eine Schöpfung - zwei Schöpfungsgeschichten

Bei der Beschäftigung mit den Schöpfungsvorstellungen ist die Erkenntnis wichtig, dass das AT sehr verschiedene Vorstellungen enthält:


Der erste Schöpfungsbericht Gen 1 schildert, dass die Welt auf Gottes Wort hin entstanden ist. Dabei wird das Verbum ברא, bara, „schaffen“, verwendet, das allein Gott zum Subjekt haben kann. Ziel des 7-Tage-Werkes ist die Erschaffung des Menschen als Ebenbild Gottes, der sich die Erde untertan = urbar machen soll. Mit dem Halten des Sabbat-Tages kann der Mensch Gottes sehr gute Schöpfung anerkennen.
 
Die Struktur des Schöpfungsberichtes entspricht der Darstellung vom Bau der Stiftshütte in Ex 25-40; Schöpfung und Tempel, Sabbat und Kult sind also aufeinander bezogen.

Der zweite Bericht in Gen 2-3 entstand sicher in früherer Zeit. Er ist eher von bäuerlichem Milieu geprägt und stellt den Menschen in den Mittelpunkt, nicht so sehr den ganzen Kosmos. Ohne Adamah (= Erdboden) kann der Adam (= Mensch) nicht leben, genausowenig als Isch (= Mann) ohne Ischah (= Frau). Gleichzeitig weiß die sogenannte Sündenfallerzählung in Gen 3, dass trotz der Güte des Werkes Gottes das Böse in der Welt ist und sich die Menschen davor zu hüten haben.
 
Das Nebeneinander der beiden Berichte im Buch Genesis belegt, dass die Redaktoren nicht einfach eine Vorstellung von der Entstehung der Welt hatten, die verabsolutiert werden sollte. Man wusste also bereits damals, dass es immer nur Annäherungen an eine Erklärung geben kann, die stets abhängig sind vom Wissen der jeweiligen Zeit. Das ist auch für moderne Diskussionen um Schöpfungsglaube und Naturwissenschaft von Bedeutung.